Ventouxman – affrontez le mythe



Alexander Claas und Julian Schepp bezwingen den weißen Riesen der Provence.

Ein Bericht von Julian Schepp und Alexander Claas

Als wir uns über Vorbereitungswettkampf und ein Trainingslager für den Ironman Switzerland unterhielten, fielen irgendwann auch mal die Namen legendärer Tour de France Anstiege. Ein wenig später stießen wir dann auf eine besondere Halbdistanz in der Provence in Südfrankreich, den Ventouxman.
Warum also nicht mal einen Kurzurlaub um einen Triathlon legen?
Kurzerhand wurde eine Ferienwohnung gebucht und sich angemeldet und den Mädels gesagt, dass sie sich Urlaub nehmen müssen. 

Wer radsportbegeistert ist, weiss was sich hinter dem Wort Ventoux verbirgt. Bei dem Triathlon „Ventouxman“ müssen zunächst 2000 m in einem Baggersee in der Nähe der Stadt Orange geschwommen werden. Die Radstrecke beginnt flach durch die Provence bis zum Nordausläufer der Hügel am Mont Ventoux. Von dort aus geht es am Kamm entlang nach Bédoin, einem Dörfchen am Fuße des legendären Berges. Hier beginnt der Le Tour de France Anstieg. Der Radfahrer muss den knapp 23 KM langen Anstieg mit 1800 HM und 8,9 % Durchschnittssteigung hoch pedalieren, der einem keine Minute Erholung gönnt. Belohnt wird man mit einem Blick über die gesamte Provence und auf die eindrucksvolle Spitze des Ventoux. Der lange Anstieg ist auch der Grund warum man kaum Triathlonräder in der Wechselzone findet. Oben auf der Spitze angekommen, fährt man ca. 6 KM ab zur Station „Mont Serein“ auf 1400 HM, wo der anschließende 20 KM Traillauf über 4 Runden und 120 HM pro Runde wartet. 

Nach der langen Anreise in das traumhafte Örtchen Aubignan 25 KM vom legendären Mount Ventoux entfernt, starteten wir unseren Urlaub am nächsten Tag mit einer Radtour durch die Provence, vorbei an Weinbergen und Kirschhainen auf einen Kaffee in das Städtchen Orange, welches etwas nördlich von Avignon liegt. Auffällig hier die entspannten und respektvollen Autofahrer.

Unsere Startunterlagen holten wir am Samstag auf der Triathlonmesse in Piolenc ab. Hier, ebenfalls wie beim Abgeben des Rades am See bestachen die Franzosen durch ihre unendliche Gelassenheit und Freundlichkeit. Die Atmosphäre war sehr familiär und hatte den Charme eines kleinen Triathlon.

Auch am Rennmorgen setzte sich die entspannte Atmosphäre fort. Nach der Anreise zum Start waren wir überrascht wie viele Starter doch sich an diese Mitteldistanz wagten. Knapp 800 Triathleten tümmelten sich in Startbereich und Wechselzone.

Reifencheck, Mädels verabschiedet, schnell ein „Hau rein“ und ab an den Wasserstart. Nach dem Startschuss war es vorbei mit der französischen Gelassenheit. 800 Triathleten kämpfen sich gleichzeitig nach vorne. Alex erreichte sein Rad nach 33:17 und startete auf die Radstrecke als Julian (35:10) sein Rad erreichte. Die folgenden 64 KM durch die Provence konnte Julian etwas schneller fahren und passierte Alex bei KM 25. Mit wenigen Minuten Abstand erreichte Julian den Fuß der Bergwertung zum Mount Ventoux. Während manche Athleten an einem vorbei zu fliegen scheinen, stehen andere auf einmal regelrecht am Berg. Julian und Alex schlugen sich hervorragend am Berg. Kurz vor Le Chalet-Reynard welches den kahlen Abschnitt des Mount Ventoux markiert und man den Funkturm auf der Spitze sieht, passierte Alex Julian und erreichte als erster Drache die Spitze. 
Überall an der Strecke finden sich radbegeisterte Franzosen die mit ALLEZ und Bravo Rufen die Radsportler mit viel Herzblut anfeuern. Fast zeitgleich erreichten beide Athleten die Wechselzone. Wie Anspruchsvoll die Radstrecke ist verraten die Zeiten: Alex 3:42:57, Julian 3:42:12. 
Was nun folgen sollte haben wir beide wohl kaum erwartet. Ein fünf KM Trail-Rundkurs über faustgroße Steine und rutschige Wurzeln mit 120 Höhenmetern pro Runde (4Stk). Spätestens jetzt waren die Beine zu. Hier spielte Alex seine Laufstärke aus. Er konnte sich mit jeder Runde steigern und lief die sechst schnellste Laufzeit des Tages (1:27:13). Julian kam ebenfalls schnell durch den anspruchsvollen Kurs (1:41:51).
Alexander erreichte auf dem 27. Platz Gesamt und als 5. AK nach 5:48:54 das Ziel. Julian freute sich über den 49. Platz Gesamt über seine Zielzeit von 6:04:00.

Auch nach dem Wettkampf gab es etwas Besonderes. Den eigenen Wein der Veranstaltung. Auch das gehört zu einem Wettkampf. Man sollte sich danach Zeit nehmen, das Erlebte Revue passieren zu lassen und sich mit Etwas zu belohnen. Bei uns war das ein hervorragendes von Alex gegrilltes Steak und dazu der Wein Edition „Ventouxman 2018“.

Wenn man uns fragt, was wir mit nach Hause nehmen, sind das die Eindrücke eines sehr harten, aber auch eindrucksvollen Rennens, die Gastfreundschaft und schöne Landschaft der Provence und die Entscheidung wieder einen Wettkampf zu bestreiten, welcher nicht auf Zeiten oder Platzierungen fokussiert ist, sondern sich auf den Sport und das Erlebnis als Solches konzentriert. Vielleicht mal Italien!

   
cof