Aloha aus Hawaii

Was für ein Rennen! Der IRONMAN Hawaii hält was er verspricht, doch ich fange mal vorne an.

Die Anreise

Becky und ich haben ja ein wenig mehr geplant und deswegen ging der erste Flug nicht nach Big Island sondern nach Kawaii.

Den ersten großen Panikmoment gab es am Flughafen von San Francisco, wo wir eine Übernachtung gebucht hatten. Radkoffer Weg! Die Amerikaner sind tiefenentspannt „Der taucht schon wieder auf…“ Nach 8 h wie auf heißen Kohlen dann abends kurz vorm Schlafen der Anruf, er wurde gefunden. Also nochmal zum Flughafen und abholen. Sicher ist Sicher.

Angekommen sind wir nach einem wunderschönen Start am Dienstag Abend in Kona. Auf dem Plan stand: Rad zusammenbauen. Das gestaltete sich dann als echte Herausforderung. Beide Bremszüge mussten neu verlegt werden, da der Aerolenker für den Case demontiert wurde. Nach 3,5 h gebastel endlich fertig. Jetzt nur noch Luft drauf…. S***** die Handpumpe ist nichts.

Mittwoch

Morgens ab auf die Messe. Wenn man von Kawaii kommt, wo es wenige Touristen gibt, man nur 15 mph fahren darf und den ganzen Tag nur Aloha Säusselmusik im Radio läuft ist der Ali’i Drive eine Reizüberflutung. Nahezu alle Hersteller mit Rang und Namen der Triathlonwelt buhlen um die Aufmerksamkeit der Triathleten. Diese wiederum flanieren, laufen oder Radln über das Mekka der Triathlonwelt. Auch IRONMAN trägt zu dem Spirit bei und so finden sich überall Poster von Siegern, teilnehmen Profis oder Stände mit den tollsten Artikeln. Mein Highlight: Zwischen dem Flanieren komme ich mit einem Großväterchen ins Gespräch, er hat über 30 Rennen bestritten, bis es nicht mehr ging. Er ist jetzt 96 (sieht aus wie 80), hilft immer noch jedes Jahr, ist in der Hall of Fame und gibt auch mir ein aufmunternde Worte mit auf den Weg. Eben jener wird auf der Welcome Party sagen: „Gott hat mich wegen zwei Aufgaben auf diese Erde geschickt: Einen IRONMAN zu machen und auf die zweite warte ich noch immer“ *Grinst*

Sehr beeindruckende Begegnung.

Dann eben mal kurz zu Felt, Reifen aufpumpen und Profi drüberschauen lassen und ab auf die Radstrecke. Dabei ein kleiner Schnack mit einem Franzosen (Er schwimmt immer so eine 52 min und ist sein 8ter IM auf Hawaii, Au Weiah). Das Rad läuft super, das Energy Lab wird warm und ich denke mehr brauche ich nicht zu Wissen für Samstag.

Donnerstag

Welcome Party. Wenn der Muschelbläser den langen tiefen Ton Richtung Ozean schickt und der hawaiianische Gebetsgesang den Athleten eine gutes Rennen wünscht ist spätestens jeder der bis hier noch nichts vom Spirit gespürt hat angekommen. Auch IRONMAN lässt nochmal alte Geschichten hochleben und die sehr motivierende Ansprache von Mark Allen, der Triathlonlegende rundet die Veranstaltung ab.

Freitag

Bike Check-In. So langsam kommt die Aufregung. Die Veranstaltung und auch die Wechselzone sind perfekt organisiert und die Helfer super freundlich. Man wird zu allem hingebracht und bekommt genau alles gezeigt. Jeder wünscht einem das Beste und honorieren jetzt schon die Teilnahme.

Raceday

Oh mein Gott! 3:30 klingelt der Wecker, jetzt ist die Aufregung so richtig da! Mit dem Bodymarking (Startnummer wird aufgeklebt) beginnt der Tag. Danach Bike überprüfen, wobei ich zusammen mit Pascal Ramali aus Frankfurt die Reifen aufpumpe. Helfer schmieren einen noch mit Sonnencreme ein und dann heißt es warten, auf die Show, auf ein unvergessliches Rennen.

Die Zeit totschlagen fällt allerdings nicht sehr schwer. Steht man doch nur 5 Meter von Lange, Ryf, Sanders und co. in der Wechselzone. Also habe ich mir angeschaut wie Lucy Charles ihr Rad aufpumpt, mit Andy Potts ein paar Worte gewechselt und von Cameron Wurf ein High Five und ein: „Good luck, man“ kassiert.

Es ertönt die Nationalhymne. Gänsehaut Moment. So etwas kennt man doch nur vom Superbowl. Danach die Muschelbläser und ein erneutes Gebet. Die Profis gehen ins Wasser und kurz danach die erste und die zweite Kanone.

   

Das Rennen

Wie auf Schienen gehe ich ins Wasser, die Sonne geht über den Hängen von Big Island auf, die vielen Zuschauer feuern die Athleten an. Es ist magisch. An der Startlinie nun 10 min auf den Kanonendonner warten, der dann trotzdem überraschend kommt. Von nun an ist Krieg. 1700 Männer im Massenstart. Es wird geschlagen, getungt und fast sogar gebissen. Das war mit Abstand das härteste Schwimmen in meiner Triathlonkarriere. Auch die See ist recht unruhig. Was einem aber vor allen zusetzt ist das Salzwasser. Trotzdem bin ich gut durchgekommen und als auf der Uhr 1:12:38 steht bin ich schon mal Mega zufrieden. Endlich darf ich auf das Rad. Die Disziplin, die mir eigentlich mittlerweile am Triathlon am meisten Spaß macht, mutiert Härteprüfung. Nackenschmerzen, schlechte Radbeine und ich kämpfe 160 KM mit starken Magenkrämpfen die erst besser werden als ich bei  KM 140 alle meine Gels wegwerfe und auf Gatorade umsteige (Ja das Zeug aus dem amerikanischen Fernsehen, wovon die Pipi leuchtet). Die Strecke nach Hawi ist sehr hart. Es geht stetig bergauf, ohne das man es wirklich sieht. Erst ab dem Wendepunkt sieht man dann wie viel man doch geklettert ist. Dabei die Hitze und der Wind. Doch ab 160 platzt dann endlich der Knoten und ich sehe auf dem Tacho, dass noch eine Sub 5 h noch drin ist. Also Kopf runter und Gas. Nach 4:59:32 erreiche ich die Wechselzone. Ich hatte auf so eine Zeit gehofft und freu mich mega, aber jetzt liegt der Fokus auf dem Marathon. Der Plan: Durch jede Verpflegungsstelle gehen, gut Kühlen und jede Minute genießen. Was soll ich sagen. Ich hatte den Lauf meines Lebens. Ab Meile 3 lief alles wie von selbst und ich hatte einen Flow. Die ersten 10 KM sind toll. Viele Zuschauer, tolle Stimmung und man ist noch frisch, dann biegt man auf den Queen K Highway. Keine Zuschauer mehr, man kann meilenweit schauen und sieht nichts als schwarze Lavasteine und Asphalt und immer eine Verpflegungsstelle am Horizont oder ist das doch nur wieder eine Fata Morgana. Viele Arhleten gehen hier schon. Der Abzweig ins Energy Lab ist schon besonders. Man weis ab hier gibt es nur noch dich, die Hitze und kein Wind. Das für 12 KM. Die Beine wollen aber nicht müde werden, das motiviert mich noch mehr. Mit jedem Meter der so hinter mir liegt gleite ich auf der positiv Spirale nach oben. Als das Energy Lab dann hinter mir liegt fliege ich regelrecht die letzten KM Richtung Kona. Die letzten 2 KM sind dann unbeschreiblich. Das feiern beginnt am Ende des Queen K Highway wo viele Deutsche einen Parystand schmeißen und mich mit „Jump Around“ von House of Pain empfangen. Einmal kurz eskalieren und Springen! Alle machen mit! Fett! Dann weiter. Jeder Zuschauer feuert einen an. Der Teppich fliegt einen entgegen. Letztes Ziel für heute: „Alter! Mach langsam“ Jeder der die Hand rausstreckt bekommt ein High Five, stopp beim Team und Kuss für Becky dann der Moment, für den man so lange gelebt hat und die erlösenden Worte von „The Voice of Ironman“ Mike Reilly: „Julian Schepp, You are an IRONMAN“

Was für ein Marathon. Zeit: 3:27:20

Unter 10 h (9:51:21) hatte ich nicht zu träumen gewagt. Als die Medaille endlich um den Hals baumelt ist es wahr.

Besonders und für mich Pflicht war auch die letzten Finisher bis ins Ziel anzufeuern. Der traditionelle Gesang einer alten Hawaiianerin beschloss die Veranstaltung. Dieser Moment und das Erlebnis wird mir für immer in Erinnerung bleiben.

Aloha und Mahalo fürs Lesen

Julian Schepp