Herbstmarathon zum Dritten: Wetzlar est courue dans la Région d’Avignon
DAS PROJEKT
Vor einem halben Jahr startete das Marathon Projekt Wetzlar court à Avignon, eine Gemeinschaftsaktion des Sportamts der Stadt Wetzlar, der Vereine Lauftreff Wetzlar und Team-Naunheim SPORT und der Wetzlarer Neuen Zeitung. Über das Partnerschaftsbüro war im Spätsommer 2017 eine Einladung der Organisateure des Marathon des Cotes du Rhone an die Wetzlarer Langläufer erfolgt, am neuen Marathonereignis in der Region der Partnerstadt teilzunehmen. Auf die Schnelle war das nicht machbar, aber das Interesse war geweckt und es war beschlossene Sache, dass man sich gut vorbereitet an der 3. Auflage des Sportereignisses beteiligen wolle. Über die Tageszeitung, die das Projekt journalistisch begleiten wollte, wurden Marathon-Interessierte aus dem Wetzlarer Raum angesprochen. Das Interesse war überraschend groß. Chronische Marathonies aus den Vereinen interessierten sich ebenso für das Projekt, wie SportlerInnen aus den Vereinen, sowie nichtvereinsgebundene Läufer, die ihren ersten Marathon oder Halbmarathon laufen wollten. Anfang Mai traf man sich zum ersten Dauerlauf und von da an nahm das gemeinsame Training ein Gutteil der Freizeit der Gruppe ein. Die erfahrenen Läufer aus den Vereinen, unterstützt und beraten von dem ehemaligen Spitzenlangstreckenläufer und Inhaber der Laufschule Mittelhessen, Ralf Heinbach, betreuten das Training, boten Informationsveranstaltungen zu den Themenbereichen Trainingstheorie, Ernährung, Gesundheit, Renntaktik und Ausrüstung, sowie über die Partnerschaft mit Avignon, an. Ab Anfang September startete die heiße Trainingsphase: die Umfänge der wöchentlichen langen Läufe wurden auf Läufe über 30 km gesteigert, schnelle Einheiten im Intervalltraining absolviert und die Fortschritte bei Testwettkämpfen überprüft. Trotz des extrem heißen Sommers konnten die Trainingspläne durchgezogen werden und es zeigte sich, dass das Training in der Gruppe mehr Spaß macht und leichter fällt als das Laufen als Einzelkämpfer.
Avignon, on arrive !
Die Anreise nach Südfrankreich mit dem TGV ist komfortabel, schnell, pünktlich und, wenn man früh genug plant, extrem preiswert. Für die Strecke Frankfurt – Avignon über Lyon benötigt der Zug gerade einmal 7 Std., so schnell und bequem schafft das kaum ein anderes Verkehrsmittelmittel. Ausgeruht kommt die Gruppe um 21:10 am Gare TGV in Avignon an und erlebt gleich eine freudige Überrachung. Eine Delegation der Association Franco-Allemande empfängt die Reisenden am Bahnsteig und hat sogar einen Bus organisiert, der die Gruppe zur 6 km entfernten Unterkunft im YMCA-Hostel in Villeneuve-lès-Avignon bringt. Es wird nicht das einzige Mal bleiben, dass uns der älteste und größte Deutsch-Französische Verein Frankreichs mit seiner Gastfreundschaft überrascht.
Der Tag vor dem Marathon wird vormittags ganz individuell zur ersten Erkundung der Partnerstadt und von Villeneuve-lès-Avignon genutzt. Beide Städte eignen sich hervorragend zum Flanieren, sich treibenlassen oder bei einem kleinen Getränk das Leben einer französischen Stadt zu betrachten. Auf dem Platz vor dem Papstpalast wird ein Basketball-Tournier für Jugendliche ausgetragen. Das nostalgische Karussell vor dem Rathaus dreht seine ersten Runden. In den Markthallen staunt man über die Vielfalt an Lebensmitteln, die Gott in Frankreich für seine Küche benötigt.
Die Nacht war sternklar, der frühe Morgen frisch. Die Halbmarathonies müssen noch früher aus den Federn als die Läufer über die lange Distanz, denn die ersten Shuttlebusse zum Start der 21,098 km Strecke in St.Laurant les Arbres verlassen das Stade Sportive bereits um 7:00. Nach der Ankunft war bis zum Start um 9:00 noch mehr als eine gute Stunde Zeit. Man fror in der Läufertracht, zeigte doch der kalte Mistralwind, wofür er so berüchtigt ist. Unsere Läufer hatten das Glück, dass Gerhard Bökel der Gruppe anbot, sich in seinem Refugium aufzuwärmen.Der Marathonstart in Villeneuve am Tour Philipp le Bel war für 8:30 vorgesehen. Natürlich geht so ein Ereignis in Frankreich nicht los, bevor nicht die wichtigsten Leute der Region ihre Reden gehalten haben, das lokale Fernsehen seine Interviews und Bilder aufgezeichnet hat und eine etwas schräge Brassband den Leuten eingeheizt hat. Man ist das gewohnt und nimmt das Warten entspannt und fröhlich hin.Etwa um 8:45 fällt der Startschuss und 239 Marathonläufer sowie die Startläufer von 72 Marathonstaffeln setzen sich auf der abgesperrten “ Bundesstraße“ in Bewegung. Für uns ist es interessant zu sehen, dass es in Frankreich selbst für eine relativ kleine Laufveranstaltung kein Problem zu schein scheint, auch wichtige Straßen abzusperren und bei den zahlreichen Straßenquerungen, die es auf der Strecke gibt, jeweils mehrere Polizeibeamte für die Verkehrsregelung ein zu setzten.Für die ersten 10 km bis Roquemore verläuft die Strecke zwischen Pinien- und Zypressenhainen,Oliven-, Feigen-, Obstplantagen und Gemüsefeldern, begleitet von Kreideklippen in der Rhoneebene und die Läufer kommen flott voran. In Roquemore dann die erste Steigung, und die hat es gleich in sich. Die Strecke biegt jetzt in die Garigue ab. Hier beginnt das Weinland und es soll nicht bei der einzigen Steigung bleiben! Anstatt der angekündigten 150 Hm zeigt die Laufuhr am Ende 340 Hm an!Nachdem die Halbmarathondistanz in St.Laurent les Arbres passiert ist, folgt ein Waldweg mit viel Wurzelwerk und sandigem Untergrund. Die Aussicht auf schnelle Zeiten schwindet weiter. Dort wo es keine Hügel zu überwinden gilt, bläst auf ebenen Abschnitten der Mistral. Gegen den Wind anzulaufen entspricht einem Berglauf. Es geht weiter auf abgesperrten Straßen, aber auch auf Wirtschaftswegen mit holprigen Untergrund; grobgeschotterte Abschnitte wechseln sich mit Graswegen ab. Die Mittagssonne hat an Kraft gewonnen. Man freut sich auf die gut bestückten Verpflegungsstellen.Die Landschaft ist wunderschön, die zahlreichen Helfer auf der Strecke sind freundlich. Manchmal ist sogar ein aufmunterndes „allez Wetzlar“ zu hören. Besonders schön ist es, an den Wechselpunkten der Staffeln bekannte Gesichter zu sehen. Isabel Kurz vom Partnerschaftsbüro der Stadt Wetzlar, die die Marathonreise maßgeblich mit organisiert hat und auch begleitet, ist mit ihrem Sprinter unterwegs und transportiert eine Gruppe von mitgereisten Fans zum Anfeuern an die Strecke. Auch Inge Courtellemont von der Deutsch-Französischen Gesellschaft Wetzlar, die als Landeskundige und Übersetzerin zu einem wichtigen Teil unserer Gruppe geworden ist, wird auf der Strecke von der Freundin zum Fan.Ab km30 zeigt sich, wer seine Kräfte gut eingeteilt hat. Immer mehr Sportler legen Gehpausen ein, weil die Muskulatur hart geworden ist. Vor Villeneuve zieht sich der Weg nochmals eine unangenehme Steigung hinauf. Dann folgt eine Abwärtsstrecke hinunter in die hübsche Stadt und dann, das Ziel vor Augen, eine Abbiegung, nach der die Strecke, an dem imposanten Fort Saint André vorbei, nochmals fies bergan führt, um uns endlich ins Rhonetal zu entlassen. Der Lauf endet nach ein und einer halben Stadionrunde. Jeder Ankommende wird euphorisch gefeiert.
Das Marathonprojekt endet erfolgreich. Alle Starter kommen gesund und ohne Nahtoderfahrung ins Ziel.10TeilnehmerInnen liefen die Halbmarathonstrecke, 4 davon finishten ihren ersten Halbmarathon. Glückwünsche dazu an Renate und Peter Woditschka, Inge Bork und Udo Ferber.27 Athleten beendeten erfolgreich die 42,196 km lange Distanz und für 10 von ihnen ging der Traum, die Strecke zu bewältigen, zum ersten Mal in Erfüllung. Unter ihnen war die jüngste Teilnehmerin, Isabel Blanco-Gonzales, die bei ihrem ersten Marathon gleich als Altersklassenzweite einen Podestplatz ergatterte. Besondere Freude herrschte bei dem Ehepaar Inge und Klaus Bork, beide Altersklasse 65-70. Inge lief ihren ersten Halbmarathon und wurde Dritte ihrer Altersklasse und konnte ihren Klaus, der erschöpft aber glücklich die Marathondistanz bewältigt hatte, im Ziel in die Arme schließen. Die weiteren frisch gebackenen Marathonies sind Thomas Lang, Dieter Dörfler, Guido Frankenberger, Mathias Neeb, Ilona Seifert, Axel Reinhardt und Thorsten Höbel. Toll gemacht! Das ganze Team ist stolz auf euch.Das sportliche Ausrufezeichen setzte Anne-Kathrin Müller als Zweite des Marathons, die in 3:09:59 lediglich eine Minute hinter der 20 Jahre jüngeren Italienerin Martina Tonelli ins Ziel kam.
Mit insgesamt sieben Podestplätzen in den Altersklassenwertungen war die Gruppe sehr zufrieden. Auch die Sonderwertung für die Teilnehmer-stärkste Gruppe ging an das Team „Wetzlar court a Avignon“. Die Sportstadt Wetzlar wurde würdig repräsentiert.