Unsere Trailrunner rocken die Alpen
Keine Frage: Traillaufen kann man überall, aber in den Hochgebirgen dieser Welt fühlt sich die Spezies der Trailrunner besonders wohl. Wo die Berge hoch sind, sind die Uphills und die Downhills länger und tendenziell steiler, die technischen Trails steiniger und die Aussichten für uns Flachländer und Mittelgebirgsbewohner spektakulärer als in den heimischen Hügeln.
David Hartmann und Johanna Hopf hatten in den beiden Vorjahren bereits die zu den UMTB-Series zählende Mozart 100 Veranstaltung in Salzburg besucht. Beide hatten dort Erfahrungen auf der Mozart light 30 km Strecke gesammelt, Blut geleckt, und sich für dieses Jahr den Mozart Marathon vorgenommen. Mit ihrer Begeisterung hatten sie Manuela und Matthias Klug infiziert. Matthias war nach dem Ecomarathona di Chianti Classico und dem Fetten Drachen bereit, den Mozart Marathon zu laufen, Manuela meldete für den Mozart Halbmarathon.
Gunnar Klös kennt das Laufen in den Alpen bereits von kürzeren Trails und hatte sich gründlich auf DAS Trailrunning Highlight in Deutschland, den ZUT mit dem 51 km langen Lauf im Lamer Winkel im Bayrischen Wald als Testlauf akribisch vorbereitet. An Deutschlands höchstem Berg wählte er den Zugspitz Ultratrail mit 69 km.
Zugspitz Ultra Trail LEUTASCH-Trail 69 (km)
Gunnar Klös macht in seinem Bericht Bock auf das Erlebnis Trailrunning. Hier OT Gunnar
Der Salomon Zugspitz Ultratrail wurde seinem Ruf als größtes Trailrunning Event Deutschlands voll gerecht: Bei besten äußeren Bedingungen starteten über 3202 Läuferinnen und Läufer in 6 Wettbewerben.Vom Grainau Trail über 14 km mit 500 Höhenmetern bis hin zum Zugspitz Ultratrail über 111 km und 5.180 Höhenmeter war für jeden Trailrunner, je nach Leistungsniveau, etwas dabei.Nach dem im Jahr 2021 coronabedingt noch virtuell ausgetragenen Even, und meiner krankheitsbedingten Absage im letzten Jahr, sollte meinem Start im Jahr 2023 nichts entgegenstehen.. Anstatt für die 48 km-Distanz, wie im Jahr 2022 geplant, wurde sich für 2023 über die 69km-Distanz angemeldet. Der Leutasch-Trail, so nennt sich die aktuelle Strecke, hat eine Länge von 69 km mit 2.950 m uphill und 3.360 m downhill. Der Start war am Samstag in Leutasch auf der österreichischen Seite, das Ziel, wie für alle Distanzen, in Garmisch.
Das Trail-Wochenende startete schon am Donnerstag mit der Anreise nach Garmisch bzw. Leutasch. Gemeinsam mit meinen „Trail-Buddys“ Julian und Rüd, ging es Richtung Süden. Pünktlich bevor die Startnummernausgabe schloss in Garmisch angekommen, konnten wir entspannt unsere Registrierungsunterlagen abholen. Der Freitag konnte jetzt zum Besuch der Expo, hier hatten alle namhaften Trailrunning-Marken ihre Stände vor Ort, genutzt werden. Zudem bestand die Möglichkeit die Läufer und Läuferinnen auf dem Garmisch-Patenkirchen-Trail, der schon am Freitag um 14 Uhr startete, anzufeuern. Dieser Trail ging über 31km und 1.535 Höhenmeter mit Start und Ziel in Garmisch. Stimmungsnest war am Freitag die Bergankunft an der Kreuzeckbahn. Trotz einsetzenden Regens waren die Stimmung und Begeisterung von Zuschauer und Athleten groß.
Raceday, Samstagmorgen 9 Uhr in Leutasch. Das Wetter versprach perfekt zu werden, erste Sonnenstrahlen zeigten sich. Vor Einlass in den Startbereich erfolgte die Ausrüstungskontrolle. Aufgrund der Streckenlänge und der zurückzulegenden Höhenmeter (up -und downhill), war die Liste der Pflichtausrüstung lang: Mütze, Handschuhe, Erste-Hilfe-Set, Langarm-Shirt, Stirnlampe usw. waren mitzuführen. Nach der erfolgreichen Kontrolle ging es in den Start-Bereich, der schon gut mit Läufer und Läuferinnen gefüllt war. Ein letztes Foto, Mut machen und abklatschen, dann fiel pünktlich um 9 Uhr der Startschuss.
Aufgrund der Distanz und des Höhenprofils entschied ich mich für ein moderates Starttempo. Leicht ansteigend sollte schon nach gut 3km die erste Herausforderung beginnen. Über die Wangalm, hier gelangen wir auch auf die Ultratrail-Strecke, ging es hoch zum Scharnitzjoch auf 2.045 m Höhe. Auf diesen insgesamt ersten 8,5 km wurden die ersten 910 Höhenmeter gesammelt. Auf der einen Seite hoch, auf der anderen wieder runter. Durch matschige Passagen, nasses Steingeröll und kleine Schneefelder war der Abstieg anspruchsvoll und man musst gut aufpassen. Richtung erster Verpflegungsstelle, der VP5 (Nummerierung für den Ultratrail), ging es dann eine Waldtreppenpassage hinab. Diese wurde auch von Wanderern genutzt, so dass Gegenverkehr nicht ausgeschlossen war. Apropos Gegenverkehr, plötzlich kamen mir zwei Pferde entgegen, die fast den kompletten Weg beanspruchten. Auch Pferde können Trail. Was es alles so gibt….
Endlich nach 16 km am VP angelangt, konnte ich meine Flüssigkeitsbehälter wieder füllen, kurz war das Schlossdurchschnaufen und etwas essen. Hier habe ich auch meine beiden Trail-Buddys Rüd und Julian getroffen und wir machten uns gemeinsam auf die Strecke. Rüd sollte bis zum Ende an meiner Seite bleiben, Julian musste etwas abreissen lassen und sein eigenes Tempo laufen. Erstmal ging es ohne nennenswerte Höhenmeter über die Geisterklamm nach Mittenwald zur nächsten Verpflegungsstation weiter. Nach einem kleinen, aber anspruchsvollen Anstieg bei KM 25,5 war VP6 erreicht. Das mittlerweile warme Wetter machte mir etwas zu schaffen. Es war schwierig den Flüssigkeitsverlust auszugleichen und genug Energie zuzuführen. Am VP 6 wurden nochmal die Flüssigkeitsreserven aufgefüllt, etwas gegessen und ein paar Riegel eingesteckt. Weiter ging es Richtung Elmau. Letztes Jahr noch Austragungsort des G7-Gipfels, jetzt war das Schlossgelände wieder in Trailrunning-Hand. Die Strecke führte jetzt entlang des Ferchensee-Gebiets entlang, eine tolle Landschaft und ein See, in den man zur Abkühlung gerne hineingesprungen wäre. In der Nähe von Schloss Elmau lag nach KM 34 dann die nächste Verpflegungsstation (VP 7). Der Leutasch-Trail hatte insgesamt 6 Verpflegungsstationen, so dass die Versorgung der Läufer ab VP 5 im Durchschnitt alle 10 KM erfolgte. Die Hälfte der Strecke geschafft und bereits über 5 Stunden Laufzeit. So langsam bekam ich auch Probleme mit meiner Energieversorgung. Auf feste Nahrung in Form von Riegeln konnte ich nur noch bedingt zurückgreifen. All die vielen Sachen an der Verpflegungsstelle, wie Salami, Käse, Tomaten, Brot, Obst…. konnte und wollte ich mir nicht zuführen. Also flüssige Nahrung! Neben Iso und Wasser, gab es Cola-Energy-Mix-Getränke. Hauptsache erstmal Flüssigkeit.
Richtung Wamberg führten die nächsten vier Kilometer bergauf. Es galt 300 HM zu überwinden, bevor es dann wieder 400 HM abwärts ging. Nicht zu unterschätzen ist hier die Belastung für Knie und Oberschenkel, das ständige berghoch und bergab ist muskulär sehr belastend. Ich habe dann immer auch die Verpflegungspunkte genutzt, um meine Oberschenkel zu dehnen. Irgendwie hat dies geholfen und die Beine fühlten sich wieder lockerer an, soweit das überhaupt möglich ist.
Und wenn du denkst es geht nichts mehr, kommt irgendwo ein Berg her. Rüd war immer noch an meiner Seite, berghoch ich etwas vorne, bergab war Rüd schneller. Und wenn die Lücke etwas größer war haben wir uns spätestens an der nächsten Verpflegungsstation wieder getroffen. Rüd und ich hatten ein ähnliches Tempo und geteiltes „Leid“ ist halbes „Leid“. Endspurt, dachte ich mir. Nur noch einen Berg hoch und dann runter ins Ziel.
Der Berg sollte mich aber nochmal an meine Grenzen bringen. Vom VP 8 zum nächsten VP war es gar!nicht weit, nur 5 Kilometer. Die 5 KM hatten es aber mit gut 730 Höhenmetern in sich. Über einen schmalen Singletrail ging es hoch zur Kreuzeck-Bergbahn-Station. Diesen Abschnitt über 3,5 km, zumindest das Ende, hatte ich ja am Vortag schon als Zuschauer kennen gelernt. Schon von weitem hörte man Musik, Glockengeläut und Zurufe. Mensch, waren diese 3,5km lang! Noch eine matschige Kurve, noch ein umgefallener Baum und endlich sah ich Licht am Ende des Tunnels. Unter lauten Anfeuerungsrufen absolvierte ich das letzte Stück des Trails. Kurz durchschnaufen und weiter geht es berghoch zur Hochalm. Angekommen an der vorletzten Verpflegungsstation galt es nochmal die Reserven aufzufüllen. Mein Blick fiehl auf einen frisch gebackenen Flammkuchen, energetisch zwar nicht ideal, aber kulinarisch ein Highlight. Schnell noch die Trinkblase auffüllen und weiter. Weiter berghoch, weitere 290 Höhenmeter warteten auf mich, der Osterfelder (2025 HM) KM 54 war das Ziel. Nur noch 13 KM bis ins Ziel…nur noch bergab, dachte ich mir. Auf den ersten Metern bergab kam ich an einer weiteren Verpflegungsstation vorbei. Noch eine? Eine besondere! Diese war privat aufgebaut worden und versorgte neben guter Musik die Läufer und Läuferinnen mit besonderen Getränkewünschen. „Bacardi-cola, Aperol-Spitz, Radler…? „Nein, Danke, sagte ich…ich muss heil den Berg runter kommen…“. Auf einen kleinen Becher Radler habe ich mich dann doch überreden lassen. Hat aber zum Glück nicht geschadet und sich nicht negativ ausgewirkt.
Die nächsten 6 KM ging es dann wieder gut 900 HM bergab. Wieder runter zur Kreuzeck-Bahn und dann zum Jägersteig, einem bekannten Wanderweg, der über Naturstufen Richtung Garmisch führte. Ein sehr anspruchsvoller Weg, den ich nur durch Einsatz der Trail-Stöcke zügig und sturzfrei absolvieren konnte. Rüd war hier flotter und trittsicherer unterwegs. Letzte Verpflegungsstation… Rüd wartete hier schon auf mich. Nur noch 9 km. Leider packten die Veranstalter in den letzten Abschnitt noch ein paar Höhenmeter. Wie viele „Berge“ kommen denn noch…?“ dachte ich mir. Jeder kleine Anstieg wird zum Berg! Endlich unten im Tal angekommen, verliefen die letzten 3 KM durch ein Wohngebiet, entlang einer Bahnschiene Richtung Marktplatz. Nur noch eine Straßenüberführung hoch und wieder runter und das Ziel war in Sichtweite. Nach 12:26:59 Stunden bin ich dann gemeinsam mit Rüdiger Barchfeld als 171. über die Ziellinie gelaufen. Julian Bodem kam nach 13:51:54 ins Ziel.
Welches Fazit ziehe ich und welche Erkenntnisse habe ich gewonnen?
- Trailrunning ist ein echt toller Sport
- Sensationelle Landschaft rund um das ZUGSPITZ-Gebiet
- Trail-Stöcke und passendes Schuhwerk erleichtern das Leben
- Auch Pferde können Trail
- Nimm dir Zeit an der Verpflegungsstation
- Genieße die Umwelt und nimm sie wahr
- Gemeinsam mit Freunden ist es doppelt schön
Natürlich läuft bei einem Rennen nicht alles rund. Aber am Ende bleibt der Stolz und das positive Gefühlt. Während des Rennens hatte ich mit der Energieversorgung zu kämpfen. Es war schwierig den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, ganz zu schweigen von der Kalorienzufuhr. Schwierig wird es, wenn dann der Magen nichts essen will, der Köper aber Energie benötigt. Den größten Teil der Strecke legte ich dadurch auch im „Fettstoffwechsel-Bereich“ zurück.
Muss es nochmal ein Ultra sein, vielleicht sogar ein 100 k Rennen? Eher nicht, Rennen mit 30-35 km und einigen Höhenmetern sind auch eine großartige Herausforderung und haben ihren Reiz. Aber die jetzt gemachte Erfahrung möchte ich nicht missen.
Bericht: G.Klös, die Bildrechte wurden von G.Klös erworben
Anmerkung der Redaktion zu Gunnars Bericht: es ist doch toll, wenn man als Trailrunner eine Familie hat, die nicht schmollend zu Hause sitzt, sondern zeitgleich ihren Spaß im Matsch eines Hindernislaufevents findet:
Mozart 100
Die Auswahl an Strecken ist groß beim läuferischen Mozart Festival in Salzburg. Vom 9 km langen City Trail, über den Half Marathon mit 21 km und 900 Hm+, Mozart light mit 31 km und 1300Hm+, Marathon mit 39 km und 1650 Hm+, Mozart Ultra mit 81 km 4300 Hm+, Mozart 100 mit 105 km und 5400 Hm+ ist für jedes Ambitionsniveau alles dabei. Dazu gibt es die Möglichkeit die Ultra- und die 100 – Strecken als Staffellauf zu absolvieren.
Die Streckenbeschreibungen des Veranstalters erfordern etwas musikalisches Wissen. Der Mozart Half Marathon wird wie folgt beschrieben: „Dem Start dieses schönen Trails folgt ein vivace zum Naturschauspiel Plötz Wasserfall und endet mit einem Finale furioso über Nockstein und Kapuzinerberg.“ Dem Start in Koppl folgt eine 11 km lange Schleife, die auf den ersten 6 km als „vivace“ =lebhaft beschriebene, relativ flache Strecke östlich vom Start wegführt und leicht dazu verführt, dass aus dem vivace ein allegro wird. Nach einem Downhill zum Plötz Wasserfall geht es auf den nächsten 5 km ansteigend oberhalb von Koppel über 2 heftige Anstiege zum höchsten Punkt. Es folgt ein langer Downhillpart hinab ins Saalachtal. An Stelle des versprochenen finale furioso steht mit der Überquerung des 200m hohen Kapuziners überTreppen in beide Richtungen ein lacrima vor dem glücklichen Zieleinlauf nach einer Runde um den Dom auf dem Kapitelplatz. Die Streckenbeschreibung des Mozart Marathons lautet auf msusikalisch: „Die klassische Marathondistanz mit einem kontinuierlichen crescendo auf wunderbaren Trails. Tempowechsel andante bis presto mit einem Finale fortissimo mit Nockstein und Kapuzinerberg vor dem Ziel am Dom“. Start des Mozart Marathons ist in St. Gilgen (538 m NN). Bald folgt auf den ersten 3 km der erste Anstieg mit 264 m Höhengewinn. Nach 7,5 km kommt man ins 130 m höher gelegene Fuschl. Entlang des Fuschlsee hat man auf welligem Profil etwas Gelegenheit zu verschnaufen. Zwischen km 14 und 17 geht es mit bis zu 45% steilen Anstiegen ordentlich zur Sache. Weitere heftige Steigungen gibt es zwischen km 27 und 30 hoch zum Nockstein. Beim Treppauf-Treppab über den Kapuzinerberg macht sich das Laktat in der Muskulatur kurz vor dem Erreichen der Ziellinie schmerzhaft bemerkbar.
David Hartmann konnte sich nach 4:59:35 als 240. von 683 Finishern feiern lassen. Matthias Klug wurde in 5:06:56 260 und Johanna Hopf erreichte nach 5:51:09 als 97. von 179 Frauen das Ziel.
Manuela Klug finishte den Halbmarathon in 3:42.:07 als 100. von 157 Frauen.
Bestes Wetter, tolle Stimmung, grandiose Landschaften, perfekte Organisation, großartige Leistungen!
Bericht: O.Jatsch, Fotos: Klug, Hartmann